loaded gun (Colt Python .357 Magnum)
2010


Mit „Loaded Gun“ entert der Künstler das unmittelbare Terrain der persönlichen Betroffenheit des einzelnen Betrachters. Er lädt sein Objet trouvée mit der Aura das Unmittelbaren auf, in diesem Fall mit der unmittelbaren Bedrohung und der Gefährdung durch eine Schusswaffe. Seit den Surrealisten ist der Handfeuerwaffe, dem Gewehr eine männlich definierte Konnotation eigen, an der sich auch Valie Exports „Genitalpanik“ abstößt; der schussbereite Revolver nun, die Magnum aus dem Jahr 1979 präsentiert sich – anders als eine coole, hermetische Pistole – als fast atavistische Waffe mit ausgeprägtem Lauf und schwellender Projektiltrommel. Was mit diesem Symbol der Allmacht und des Potenzials zur Tötung und Vernichtung einhergeht, wurde aber erst von Werner Schrödl als Teil seines Projektes in extenso ausgelotet: wer offiziell von so einer Waffe Gebrauch machen möchte oder sie auch nur besitzen möchte, durchläuft die verschiedensten Prüf- und Genehmigungsverfahren, denen sich auch der Künstler unterziehen muss, auch wenn er seine 0.357 Magnum niemals abfeuert. Leumundszeugnis und Psychotest, Waffenpass und verschließbares Depot sind die Koordinaten, in deren Mitte dann der Revolver schwebt, eingeschweißt in einen Schrein aus dickstem Panzerglas, präsentiert wie ein Kleinod, geheiligt wie eine Trophäe und dennoch gefährlich, gespannt wie die krisenhafte Situation in einem prekären Weltgefüge. Werner Schrödls „Loaded Gun“ ist damit nicht bloß eine objekthafte Skulptur, in der das bildhafte Ding mit dem kognitiven Wissen um dessen Bedeutung zur Deckung gebracht wird, sondern sie stellt eine Metapher für ein subkutanes Ahnen dar, das uns alle befällt angesichts der Bilder von waffenstarrenden Arsenalen der Supermächte, von klandestinen Aktivitäten eines globalen Terrorismus, von nur mühsam domestizierten Aggressionen. Und sie führt einen Mythos vor, der sich im schmalen Bedeutungsraum zwischen Verachtung für das Leben und moralisierendem Heldentum bewegt: sie ist die Waffe der Westernepen, eines gerechten und richtenden Clint Eastwood.Für einen Ausstellungsraum oder ein Museumsdepot stellt Schrödls neu und permanent geladener Colt ein Gefahrenpotenzial der besonderen Art dar: was, wenn sich der Schuss löst? Nicht nur Revolver und Gewehre verfügen über tödliche Potenziale; wie Werner Schrödl zeigt, eignet auch Kunstwerken eine Sprengkraft, die nur im mühsam austarierten Gleichgewicht gehalten wird – für den Moment nur gebannt, kaschiert, versteckt, aber immer vorhanden, immer bereit 

(Margit Zuckriegl)

 



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